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31.07.2020
Erstattungen für abgesagten Reisen durch Covid-19 Auf welche Schwierigkeiten VerbraucherInnen besonders häufig treffen
Seit Ende Februar hat das Europäische Verbraucherzentrum Italien über 4.000 Verbraucheranfragen im Zusammenhang mit Covid-19 bearbeitet; der Großteil davon betrifft dabei das Thema Reisen. Zurzeit versuchen Reisende den Preis ihrer abgesagten Reisen zurückzubekommen. Welches dabei die häufigsten Probleme sind, erklärt das EVZ.
Kaum ein Sektor wurde von der Covid-19 Pandemie so hart getroffen wie die Reisebranche. Um die Liquiditätsengpässe der Unternehmen abzufedern, haben einige EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Italien, die Möglichkeit eingeführt, Erstattungen nur in Form eines Gutscheins anzubieten. Dass diese Voucher-Lösung nicht EU-Recht-konform ist, hat das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) bereits öfters berichtet (https://bit.ly/309KHv0). „Außergewöhnliche Situationen wie diese brauchen mit Sicherheit eigene Lösungen, trotzdem sollten die EU-weit geltenden Rechte von Reisenden auch in dieser beispiellosen Ausnahmesituation nicht mit Füßen getreten werden“, sagt Monika Nardo, Leiterin im EVZ in Bozen.
Zahlreiche VerbraucherInnen wollen zurzeit vom EVZ wissen, ob das Reisebüro auch die Bearbeitungsgebühr und die Versicherungsprämie der abgesagten Reise erstatten muss. Da das Reisebüro – trotz abgesagter Reise – die Reisevermittlung und Beratung erbracht hat, ist diese Buchungsgebühr gerechtfertigt. Auf jeden Fall muss eine Bearbeitungsgebühr grundsätzlich verhältnismäßig sein und der Kunde muss über die Gebühr und deren Ausmaß vor Vertragsabschluss informiert worden sein. VerbraucherInnen sollten also in den Reiseverträgen und den AGBs prüfen, welche Bearbeitungsgebühren verrechnet werden. Das gilt auch für eventuelle Bearbeitungsgebühren der Rückerstattungsanträge. Tatsächlich nicht erstattbar ist normalerweise die Prämie für eine Reiserücktrittsversicherung. Diese Art der Versicherung war nämlich schon ab dem Moment der Buchung wirksam und man hätte sie bereits in Anspruch nehmen können, wenn ein Stornogrund eingetreten wäre. Anders ist es, wenn es sich um eine reine Reisekrankenversicherung handelt, die erst bei Reiseantritt wirksam würde. Bei Absage der Reise fällt das Risiko weg und man hat Anspruch auf eine Erstattung der Prämie.
„Einige VerbraucherInnen haben dem EVZ berichtet, dass die Reisevermittler unter Berufung auf die italienische Rechtslage nur einen Gutschein anbieten, obwohl der Reiseveranstalter oder die Fluggesellschaft, welche ihren Rechtssitz oft im EU-Ausland haben, die Erstattungen der annullierten Reisen gemäß EU-Recht durchgeführt haben und dem Reisevermittler das Geld der abgesagten Reise gutgeschrieben haben“, berichtet Barbara Klotzner vom EVZ. Ein solches Vorgehen ist nicht korrekt: Wenn der Reisevermittler die Zahlung vom Reiseveranstalter/Dienstleister bekommt, muss der Vermittler dem Kunden den Betrag erstatten.
Eine Vielzahl der in den letzten Monaten abgesagten Flüge wurde bei Online-Vermittlern gebucht. „Im Falle einer Flugannullierung führt die Fluggesellschaft die Erstattung über das Zahlungsmittel durch, welches bei der Buchung verwendet wurde“, erklärt Milena Favretto vom EVZ und fährt fort „Die Rückerstattung des unbenutzten Flugtickets muss beim Vermittler beantragt werden; dieser erstattet dem/der VerbraucherIn das Geld aber erst dann, wenn die Fluggesellschaft die Erstattung zugunsten des Vermittlers durchgeführt hat. Für VerbraucherInnen ist es in der Regel leider nicht nachvollziehbar, ob eine ausbleibende Erstattung dem Vermittler oder der Fluggesellschaft anzulasten ist – vor allem, da es häufig sehr mühsam ist, mit dem Online-Buchungsportal Kontakt aufzunehmen“, weiß die Expertin zu berichten. Schafft man es endlich, das Portal zu kontaktieren, verweist dieses dann gerne an die Fluggesellschaft – und umgekehrt. Im Bereich der Flugreisen gibt es aber auch positive Erfahrungen: Eine irische Fluggesellschaft hat beispielsweise einen Zeitrahmen für die Abwicklung der Rückerstattungen veröffentlicht und auch ein eigenes Formular für die Rückerstattungen von Flügen, die bei Vermittlern gebucht wurden, eingerichtet – wohl wissend, auf welche Schwierigkeiten die VerbraucherInnen in diesen Fällen stoßen.
Dass die Covid-19-Situation zahlreiche neue Rechtsfragen aufwirft, weiß man im EVZ nur zu gut. „Einige italienische VerbraucherInnen konnten ihre gebuchte Reise nicht antreten, weil sie bereits nicht mehr zum deutschen Flughafen fahren durften, oder weil es im Urlaubsland bereits Einreisebeschränkungen für italienische StaatsbürgerInnen gab“, erzählt Monika Nardo. „Leider haben die Veranstalter in den meisten dieser Fälle eine Rückerstattung abgelehnt, da ihrer Meinung nach die Leistung erbracht werden konnte“. Mit den Reiseunternehmen eine gütliche, außergerichtliche Lösung zu finden ist wohl im Interesse aller, doch einige Fälle müssten trotzdem vor einem Richter landen, um einen Präzedenzfall zu haben. „Abgesagte Reisen werden uns wohl noch eine Weile begleiten und sowohl Reisende, als auch Unternehmen brauchen eine gewisse Rechtssicherheit“, fährt die Juristin fort.
Viele der über 4.000 beim EVZ eingegangenen Hilferufe betreffen Hotelbuchungen. Für die Zeit während des Lockdown und falls das Hotel auf Grund von Corona nicht öffnet, darf der Gastbetrieb laut italienischer Rechtslage einen Gutschein für die getätigte Buchung ausstellen. Viele VerbraucherInnen, darunter unzählige ausländische Gäste, bekommen aber auch einen Gutschein, wenn die Stornierung nicht im Zusammenhang mit Corona steht, weiß man im EVZ. „Andererseits gibt es aber auch sehr viele Hotels, die einen Gutschein ausstellen dürften, aber den KundenInnen trotzdem die Anzahlung in bar erstatten“, berichtet Monika Nardo aus ihrer Beratungstätigkeit.
Außerdem haben sich einige VerbraucherInnen Hilfe suchend an das EVZ gewandt, da sie von Vermittlern falsche oder irreführende Informationen bezüglich der Voucher-Regelung oder ganz allgemein zu ihren Reiserechten erhalten haben. „Besonders in diesen unsicheren Zeiten sind richtige und fundierte Informationen bezüglich der eigene Rechte wichtiger denn je“, schließt Gunde Bauhofer, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) ab, welche das EVZ in Bozen organisiert.
Alle Informationen zu den Verbraucherrechten in Covid-19 Zeiten können auf der Internetseite des Europäischen Verbraucherzentrum Italien (https://bit.ly/30fgjj0) und der Verbraucherzentrale Südtirol (https://bit.ly/3fbSAnV) nachgelesen werden.
Weitere Informationen erteilt das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) unter info@euroconsumatori.org.
Bozen, 31. Juli 2020
Presse-Information
Zahlreiche VerbraucherInnen wollen zurzeit vom EVZ wissen, ob das Reisebüro auch die Bearbeitungsgebühr und die Versicherungsprämie der abgesagten Reise erstatten muss. Da das Reisebüro – trotz abgesagter Reise – die Reisevermittlung und Beratung erbracht hat, ist diese Buchungsgebühr gerechtfertigt. Auf jeden Fall muss eine Bearbeitungsgebühr grundsätzlich verhältnismäßig sein und der Kunde muss über die Gebühr und deren Ausmaß vor Vertragsabschluss informiert worden sein. VerbraucherInnen sollten also in den Reiseverträgen und den AGBs prüfen, welche Bearbeitungsgebühren verrechnet werden. Das gilt auch für eventuelle Bearbeitungsgebühren der Rückerstattungsanträge. Tatsächlich nicht erstattbar ist normalerweise die Prämie für eine Reiserücktrittsversicherung. Diese Art der Versicherung war nämlich schon ab dem Moment der Buchung wirksam und man hätte sie bereits in Anspruch nehmen können, wenn ein Stornogrund eingetreten wäre. Anders ist es, wenn es sich um eine reine Reisekrankenversicherung handelt, die erst bei Reiseantritt wirksam würde. Bei Absage der Reise fällt das Risiko weg und man hat Anspruch auf eine Erstattung der Prämie.
„Einige VerbraucherInnen haben dem EVZ berichtet, dass die Reisevermittler unter Berufung auf die italienische Rechtslage nur einen Gutschein anbieten, obwohl der Reiseveranstalter oder die Fluggesellschaft, welche ihren Rechtssitz oft im EU-Ausland haben, die Erstattungen der annullierten Reisen gemäß EU-Recht durchgeführt haben und dem Reisevermittler das Geld der abgesagten Reise gutgeschrieben haben“, berichtet Barbara Klotzner vom EVZ. Ein solches Vorgehen ist nicht korrekt: Wenn der Reisevermittler die Zahlung vom Reiseveranstalter/Dienstleister bekommt, muss der Vermittler dem Kunden den Betrag erstatten.
Eine Vielzahl der in den letzten Monaten abgesagten Flüge wurde bei Online-Vermittlern gebucht. „Im Falle einer Flugannullierung führt die Fluggesellschaft die Erstattung über das Zahlungsmittel durch, welches bei der Buchung verwendet wurde“, erklärt Milena Favretto vom EVZ und fährt fort „Die Rückerstattung des unbenutzten Flugtickets muss beim Vermittler beantragt werden; dieser erstattet dem/der VerbraucherIn das Geld aber erst dann, wenn die Fluggesellschaft die Erstattung zugunsten des Vermittlers durchgeführt hat. Für VerbraucherInnen ist es in der Regel leider nicht nachvollziehbar, ob eine ausbleibende Erstattung dem Vermittler oder der Fluggesellschaft anzulasten ist – vor allem, da es häufig sehr mühsam ist, mit dem Online-Buchungsportal Kontakt aufzunehmen“, weiß die Expertin zu berichten. Schafft man es endlich, das Portal zu kontaktieren, verweist dieses dann gerne an die Fluggesellschaft – und umgekehrt. Im Bereich der Flugreisen gibt es aber auch positive Erfahrungen: Eine irische Fluggesellschaft hat beispielsweise einen Zeitrahmen für die Abwicklung der Rückerstattungen veröffentlicht und auch ein eigenes Formular für die Rückerstattungen von Flügen, die bei Vermittlern gebucht wurden, eingerichtet – wohl wissend, auf welche Schwierigkeiten die VerbraucherInnen in diesen Fällen stoßen.
Dass die Covid-19-Situation zahlreiche neue Rechtsfragen aufwirft, weiß man im EVZ nur zu gut. „Einige italienische VerbraucherInnen konnten ihre gebuchte Reise nicht antreten, weil sie bereits nicht mehr zum deutschen Flughafen fahren durften, oder weil es im Urlaubsland bereits Einreisebeschränkungen für italienische StaatsbürgerInnen gab“, erzählt Monika Nardo. „Leider haben die Veranstalter in den meisten dieser Fälle eine Rückerstattung abgelehnt, da ihrer Meinung nach die Leistung erbracht werden konnte“. Mit den Reiseunternehmen eine gütliche, außergerichtliche Lösung zu finden ist wohl im Interesse aller, doch einige Fälle müssten trotzdem vor einem Richter landen, um einen Präzedenzfall zu haben. „Abgesagte Reisen werden uns wohl noch eine Weile begleiten und sowohl Reisende, als auch Unternehmen brauchen eine gewisse Rechtssicherheit“, fährt die Juristin fort.
Viele der über 4.000 beim EVZ eingegangenen Hilferufe betreffen Hotelbuchungen. Für die Zeit während des Lockdown und falls das Hotel auf Grund von Corona nicht öffnet, darf der Gastbetrieb laut italienischer Rechtslage einen Gutschein für die getätigte Buchung ausstellen. Viele VerbraucherInnen, darunter unzählige ausländische Gäste, bekommen aber auch einen Gutschein, wenn die Stornierung nicht im Zusammenhang mit Corona steht, weiß man im EVZ. „Andererseits gibt es aber auch sehr viele Hotels, die einen Gutschein ausstellen dürften, aber den KundenInnen trotzdem die Anzahlung in bar erstatten“, berichtet Monika Nardo aus ihrer Beratungstätigkeit.
Außerdem haben sich einige VerbraucherInnen Hilfe suchend an das EVZ gewandt, da sie von Vermittlern falsche oder irreführende Informationen bezüglich der Voucher-Regelung oder ganz allgemein zu ihren Reiserechten erhalten haben. „Besonders in diesen unsicheren Zeiten sind richtige und fundierte Informationen bezüglich der eigene Rechte wichtiger denn je“, schließt Gunde Bauhofer, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) ab, welche das EVZ in Bozen organisiert.
Alle Informationen zu den Verbraucherrechten in Covid-19 Zeiten können auf der Internetseite des Europäischen Verbraucherzentrum Italien (https://bit.ly/30fgjj0) und der Verbraucherzentrale Südtirol (https://bit.ly/3fbSAnV) nachgelesen werden.
Weitere Informationen erteilt das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) unter info@euroconsumatori.org.
Bozen, 31. Juli 2020
Presse-Information
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