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Europäisches Verbraucherzentrum Italien Büro Bozen
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12.06.2017

Wegfall der Roaming-Gebühren am 15. Juni: Was ändert sich für Verbraucher?

 
Ab 15. Juni 2017 heißt es „Roam like at Home“: Ab dann wird es für VerbraucherInnen möglich sein, den eigenen Heimtarif für Telefonate, SMS und Datenvolumen auch bei Reisen ins EU-Ausland in Anspruch zu nehmen, ohne zusätzliche Roaming-Gebühren bezahlen zu müssen. Die Verbraucherzentrale Südtirol und das EVZ Italien – Büro Bozen beantworten die wichtigsten Fragen zur Abschaffung der Roaming-Gebühren.
Was ist Roaming?
Beim Auslands-Roaming verbindet sich das Handy des Nutzers im Ausland mit einem fremden Mobilfunknetz, da das eigene Mobilfunknetz nicht verfügbar ist. Für die Benutzung des fremden Netzes entstehen Kosten, welche zwischen den Anbietern verrechnet werden, und welche bisher mittels Roaming-Gebühren an den Endkunden weiter gegeben wurden. Das Roaming im Inland, bei welchem man innerhalb von Italien ein fremdes italienisches Netz zum Surfen im Internet benutzt, ist von den Änderungen durch die EU-Verordnung nicht betroffen. Wichtig: Man spricht nicht von Roaming, wenn man vom Heimnetz ein ausländisches Netz anruft, da man hier mit dem eigenen Netz verbunden ist.

In welchen Staaten ist die EU-Verordnung anwendbar?
Die Verordnung ist in allen 28 EU-Mitgliedsstaaten anwendbar und ermöglicht somit in der gesamten EU Telefonieren, Simsen und Surfen zum Inlandstarif. Momentan gilt dies auch für Großbritannien, im Zuge des Brexit könnte sich dies aber ändern. Außerdem werden auch Norwegen, Island und Liechtenstein die Verordnung umsetzen.

Gehören die Roaming-Gebühren nun endgültig der Vergangenheit an?
Nicht so ganz. Die Verordnung sieht explizit zwei Szenarien vor, die dem Mobilfunkbetreiber erlauben, Roaming-Aufschläge zu verrechnen:
  • Sollte das inländische Entgeltmodell des Anbieters durch die Abschaffung der Roaming-Gebühren bedroht sein, kann der Anbieter bei der nationalen Regulierungsbehörde bei bestimmten, außergewöhnlichen Umständen eine Genehmigung zur Erhebung von Roaming-Gebühren einholen.
  • Sollte der Verbraucher während eines Beobachtungszeitraumes von mindestens vier Monaten gegen die Fair-Use-Klausel verstoßen, welche eine angemessene Nutzung festschreibt, kann der Anbieter bei Anzeichen einer missbräuchlichen Nutzung den Nutzer verwarnen und einen Nachweis bezüglich des gewöhnlichen Aufenthalts des Nutzers verlangen. Sollte das Nutzungsverhalten des Kunden weiterhin keine angemessene Nutzung vorweisen, kann der Anbieter – nach entsprechender Mitteilung - vom Kunden Roaming-Gebühren verlangen. Damit soll das permanente Roaming unterbunden werden. Solange man mehr Zeit zu Hause als im Ausland verbringt und das Handy im Heimland häufiger benutzt als im Roamingland, geht man von einer angemessenen Nutzung aus und es dürfen keine Roaming-Gebühren verrechnet werden.


Ich studiere in Österreich und benutze dort meine italienische SIM-Karte. Kann dies ein Verstoß gegen die Fair-Use-Klausel sein?
Sollte Ihr Mobilfunkbetreiber Hinweise auf missbräuchliche Nutzung feststellen (d. h. wenn nach einem Beobachtungszeitraum von mindestens 4 Monaten eine überwiegende Auslandsnutzung des Handys und ein vorwiegender Aufenthalt im EU-Ausland vorliegen) kann er Sie kontaktieren und verwarnen. Wenn Sie in den kommenden zwei Wochen Ihre Handynutzung nicht anpassen, kann der Anbieter Roaming-Aufschläge verlangen. Eine einmalige Verbindung zum Heimnetz pro Tag ist ausreichend, um die Anwesenheit im Heimatland nachweisen zu können, auch wenn man am selben Tag in das EU-Ausland fährt. Somit gilt dieser Tag als Tag des Inlandsaufenthalts des Kunden. Wenn Sie also in Österreich studieren oder arbeiten, aber regelmäßig nach Italien zurückfahren und das Handy zu Hause häufiger benutzen als im Ausland, sollte es keine Probleme geben. Wenn Sie aber dauerhaft in Österreich bleiben und dort häufig Ihr Handy benutzen, kann es sich lohnen, eine zweite österreichische SIM-Karte anzukaufen.

Ich habe ein Paket mit einem Datenvolumen. Kann ich dieses im EU-Ausland benutzen?
Der Betreiber kann bei Paketen, die ein Datenvolumen beinhalten (sei dieses nun unbegrenzt oder auf eine bestimmte Menge wie z. B. 3 GB begrenzt), ein Limit für die Auslandsnutzung festlegen. Die Anzahl der im Ausland nutzbaren GB hängt von den Kosten des Pakets ab, und wird mit einer besonderen Formel ermittelt. Der Betreiber muss dieses Limit den VerbraucherInnen mitteilen. Wird das Limit überschritten, müsste auch dies dem Verbraucher mitgeteilt werden, und ab diesem Moment können die Mehrkosten laut Verordnung angelastet werden. Eine ähnliche Berechnung erfolgt auch dann, wenn man kein Paket nutzt. Genauere Informationen direkt auf der Website der Europäischen Kommission, unter https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/faq/frequently-asked-questions-roam-home

Worauf muss ich vor einer Auslandsreise achten?
Man sollte vor der Reise ins Ausland kontrollieren, ob das Reiseziel Mitglied der EU ist. Die Abschaffung der Roaming-Gebühren gilt z. B. nicht für Reisen in die Türkei oder in die Schweiz (es sei denn, der eigene Anbieter bietet kostenloses Roaming für das jeweilige Reiseland an). Auch bei Reisen per Flugzeug oder Schiff sollte man vorsichtig sein. Hier kann sich das Handy ab einer gewissen Entfernung zum EU-Festland nicht mit dem normalen Mobilfunknetz verbinden und stellt bei Bedarf eine Verbindung über Satellit her: Die Tarife sind nicht reguliert und daher können auch für wenige Gesprächsminuten sehr hohe Kosten entstehen. Vor Reise sollte man außerdem kontrollieren, ob auf der eigenen Nummer vorgefertigte Leistungspakete für das Ausland aktiv sind, und diese gegebenenfalls deaktivieren.

Kann ich nun auch ohne zusätzliche Kosten von Zuhause ins Ausland telefonieren?
Nein. In diesem Fall liegt kein Roaming vor, da das eigene Handy mit dem eigenen Mobilfunknetz verbunden ist, dementsprechend ist die EU-Roaming-Verordnung nicht anwendbar. Preise für Anrufe und SMS ins Ausland sind nicht reguliert und daher können weiterhin erhöhte Kosten anfallen.

An wen kann ich mich wenden, wenn mein Anbieter gegen geltendes Recht verstößt?
Zunächst müssen Sie bei Ihrem Anbieter eine Beschwerde einreichen. Sollte dies nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen, können Sie sich an die nationalen Regulierungsbehörden wenden. Diese werden eine wichtige Rolle einnehmen, da sie die korrekte Umsetzung der Verordnung kontrollieren müssen. In Italien ist die AGCOM (Autorità per le garanzie nelle comunicazioni) die zuständige Behörde, an welche sich die Verbraucher im Falle von Beschwerden gegen Mobilfunkbetreiber wenden können.

Soweit zur theoretischen Lage. Es bleibt jedoch abzuwarten, welche praktischen Probleme nach Umsetzung auftreten werden: Wie werden die Mobilfunkbetreiber auf die Änderungen reagieren und bitten sie ihre KundInnen unter Umständen doch noch zur Kasse? Diesbezüglich kritisieren Milena Favretto vom Europäischen Verbraucherzentrum und Simone Romani von der Verbraucherzentrale Südtirol einige Aspekte dieser Verordnung. So könnte es wegen der teils komplizierten und unübersichtlichen Bestimmungen Spielraum für eine kreative Umsetzung vonseiten der Mobilfunkbetreiber geben. Vor allem der Aspekt des Aufpreises bei Verstoß gegen die Fair-Use-Klausel könnte sich in der Praxis als Pferdefuß herausstellen. Auch die Befürchtung, dass die nationalen Tarife steigen werden, scheint nicht unbegründet zu sein, da eine Erhöhung der nationalen Tarife nicht Gegenstand der Verordnung ist und somit nicht dem Verwaltungsverfahren durch die jeweilige Regulierungsbehörde unterworfen ist. Bleibt zu hoffen, dass keine bösen Überraschungen auf die VerbraucherInnen warten, und dass horrend hohe Rechnungen durch Auslands-Roaming in der EU der Vergangenheit angehören.

Presse-Information
Bozen, 12.06.2017

 

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