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Europäisches Verbraucherzentrum Italien Büro Bozen
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26.09.2017

E-Commerce - Gewährleistung - was Sie darüber wissen müssen

 
Die ungarische Verbraucherin hat auf einer italienischen Internetseite eine Uhr bestellt. Kurz nach der Lieferung tauchen auch schon die ersten Probleme auf: Zunächst geht die Uhr jeden Tag um einige Minuten nach, dann bleibt sie ganz stehen. Was kann die Verbraucherin tun? Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) beantwortet Fragen zu diesem wichtigen Verbraucherrecht.
Wie, wann und bei wem muss der Verbraucher die Gewährleistung geltend machen?
Die Gewährleistung stellt ein unverzichtbares Recht dar, welches der Verbraucher beim Verkäufer geltend machen muss. „In der Umgangssprache spricht man meistens von der gesetzlichen Garantie“, erklärt Isolde Brunner, Rechtsberaterin im EVZ Bozen. „Viele glauben fälschlicherweise, die Gewährleistung müsse beim Hersteller eingefordert werden; dies ist aber nur der Fall, wenn der Hersteller gleichzeitig als Verkäufer auftritt“, sagt die Juristin. Der Verbraucher muss den Unternehmer über den Mangel innerhalb von zwei Monaten schriftlich informieren. Die Gewährleistungsfrist beträgt europaweit mindestens 2 Jahre.

Was versteht man unter „Beweislastumkehr“?
Tritt der Mangel in den ersten sechs Monaten nach der Lieferung auf, wird vermutet, dass die Ware schon zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war. In diesem Fall muss der Verkäufer beweisen, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht bestand; die Beweislast liegt also bei ihm.
Tritt der Mangel erst nach Ablauf der 6-Monats-Frist auf, muss der Käufer beweisen, dass dieser nicht durch unsachgemäßen oder falschen Gebrauch entstanden ist. Da die Last, den Beweis zu erbringen, beim Verbraucher liegt, spricht man von Beweislastumkehr. Julia Rufinatscha, Beraterin des EVZ, erklärt hierzu: „Gerade im außergerichtlichen Wege ist der Beweis in der Regel nur sehr schwer zu erbringen, z. B. durch ein Sachverständigengutachten (perizia), welches erhebliche Kosten mit sich bringt.“

Was beinhaltet das Gewährleistungsrecht eigentlich?
Der Konsument kann grundsätzlich selbst entscheiden, ob er die Ware repariert oder ersetzt haben möchte, es sei denn, eine der beiden Lösungen ist unmöglich oder unverhältnismäßig aufwendig im Vergleich zur anderen. Von „Unverhältnismäßigkeit“ spricht man dann, wenn der Mangel durch eine kleine Reparatur behoben werden kann. Eine Ersatzlieferung kann verlangt werden, wenn die Reparatur misslingt oder schlecht ausgeführt wird. „In der Praxis ist es jedoch meist so, dass der Käufer dem Unternehmer zuerst zwei Mal die Möglichkeit geben muss, die Ware zu reparieren, bevor er vom Verkäufer den Ersatz der Ware verlangen kann“, unterstreicht Isolde Brunner.

Muss der Verbraucher für die Reparatur bezahlen?
Der italienische Gesetzgeber sieht vor, dass dem Verbraucher keine Spesen (für Versand, Arbeitsleistung, Material) berechnet werden dürfen. Julia Rufinatscha vom EVZ berichtet, dass sich gerade bei Internetkäufen von ausländischen Verkäufern die Durchsetzung des kostenlosen Versands allerdings oft als außerordentlich schwierig herausstellt, da die Gesetzgebung von einem nationalen Kauf ausgeht: Die rechtliche Lage ist dabei von Fall zu Fall und je nach Land unterschiedlich zu bewerten. „Immer wieder weigern sich Unternehmen, die Versandkosten zu übernehmen, gerade wenn diese hoch sind. In diesen Fällen bleibt dann normalerweise der Verbraucher auf den Kosten sitzen“, erklärt Julia Rufinatscha.

Wann kann der Verbraucher eine Vertragsauflösung bzw. eine Preisminderung verlangen?
Die Vertragsauflösung oder auch eine Preisminderung kann der Verbraucher verlangen, wenn die Reparatur oder die Ersatzleistung unmöglich ist, diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist durchgeführt wurde (wobei allerdings der Gesetzgeber leider nicht festlegt, was unter einer „angemessenen Frist“ zu verstehen ist) oder diese für den Verbraucher unzumutbare Unannehmlichkeiten mit sich gebracht haben.

Isolde Brunner und Julia Rufinatscha geben den Verbrauchern noch einen praktischen Tipp: „Bewahren Sie die Rechnung, den Kassenbeleg, den Bankomatkarten- oder Kreditkartenbeleg sorgfältig auf, damit Sie den Zeitpunkt des Kaufes, Preis und Verkäufer beweisen können. Machen Sie am besten auch eine Kopie von den Belegen, da diese mit der Zeit unleserlich werden können“.

Wie sieht es bei Gebrauchtwaren aus?
Bei Gebrauchtwaren stehen den Verbrauchern die gleichen Rechte zu, wie beim Kauf von Neuwaren, allerdings beträgt dort die Frist, innerhalb der das Gewährleistungsrecht geltend gemacht werden kann, normalerweise nur 1 Jahr.

Weitere Informationen zur Gewährleistung finden Sie auf unserer Internetseite. Außerdem steht das EVZ Italien – Büro Bozen unter der Telefonnummer 0471/980939 sowie unter info@euroconsumatori.org zur Verfügung.

Bozen, 26.09.2017
Presse-Information

 

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