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Europäisches Verbraucherzentrum Italien Büro Bozen
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29.11.2013

Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes

 
Bericht über die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie veröffentlicht
Der Bericht des Netzwerks der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net) über die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in Europa ist heute in Bozen veröffentlicht worden. Der Bericht untersucht Verbraucherbeschwerden über die von Händlern und Dienstleistern - je nach Wohnsitz oder Nationalität des Verbrauchers - unterschiedlich angewendeten Preise oder Bedingungen.

Eine bulgarische Verbraucherin wählte bei der Online-Buchung einer Reise zu einem Freizeitpark in Frankreich versehentlich das Vereinigte Königreich als ihr Wohnsitzland aus. Bald bemerkte sie den Fehler, klickte auf das richtige Land und erfuhr auf diese Weise, dass sie etwa 500 € mehr als ein britischer Kunde bezahlen sollte, was einen Preisunterschied von beinahe 40% ausmachte. Dies ist nur ein Beispiel für die Art von Anfragen, welche von Verbrauchern, die ohne einer objektiven Begründung von Diskriminierungen aufgrund ihres Wohnsitzlandes oder ihrer Staatsbürgerschaft betroffen waren, an das Netzwerk herangetragen wurden. Eine solche Diskriminierung seitens eines Händlers oder Dienstleisters fällt unter den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt (die so genannte Dienstleistungsrichtlinie).

"Es geschieht noch zu oft, dass Verbraucher auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Wohnsitzes diskriminiert werden und auf diese Weise nicht vollen Zugang zu den Möglichkeiten des Binnenmarkts erhalten”, erklärte der Europaparlamentarier Herbert Dorfmann bei der Vorstellung des Berichts. “Die Dienstleistungsrichtlinie soll die Rechte der Dienstleistungsempfänger stärken; es ist daher für Verbraucher wichtig, dass die Richtlinie auch in der Praxis effektiv umgesetzt wird. Die Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Markt ist von immer größerer Bedeutung. Der Bericht zeigt uns, dass noch einiges an Arbeit ansteht, bis Verbraucherrechte respektiert werden.”

Das ECC-Net hat die im Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2012 eingegangenen Verbraucherbeschwerden auf typische Situationen untersucht, bei welchen Verbraucher eine unterschiedliche Behandlung erhalten haben oder die Ablehnung der Erbringung einer Leistung erfahren haben. Die Arbeitsgruppe bestehend aus den Europäischen Verbraucherzentren Irland, Österreich, Italien, Spanien, Großbritannien und Vereinigtes Königreich hat beobachtete Geschäftspraktiken analysiert, Leitlinien dafür gesammelt, was als objektive Rechtfertigung für unterschiedliche Behandlungsweisen gelten könnte und versucht, die zuständigen Durchsetzungsbehörden auf den Plan zu rufen und das Bewusstsein für den angeboten Schutz im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie zu erhöhen.

Im beobachteten Zeitraum verzeichnete das Netzwerk 222 solcher Beschwerden, also Fälle von Verbrauchern, die nicht oder zu schlechteren Bedingungen von Angeboten, die in anderen EU-Ländern auf dem Markt waren, Gebrauch machen konnten. Das Netzwerk vermutet jedoch, dass die Dunkelziffer viel höher ist. Viele Verbraucher sind sich oft gar nicht bewusst, dass solche Geschäftspraktiken nicht erlaubt sind. In 167 der 222 dem ECC-Net gemeldeten Fällen, sowie 10 der 14 der finnischen Wettbewerbsbehörde gemeldeten Fälle, wurde der Verbraucher aufgrund seines Wohnsitzes und nicht auf Grund der Staatsangehörigkeit diskriminiert. Es ging dabei meistens um Online-Transaktionen; wenige Hinweise gab es hingegen darauf, dass Verbraucher mit ähnlichen Schwierigkeiten in der Offline-Welt konfrontiert sind.

Die häufigsten Fälle betrafen den Kauf von Waren, wie z.B. elektronische Geräte, Kleidung, Bücher oder Musik- oder Daten-Download (74% aller eingegangenen Beschwerden), am zweithäufigsten (21% der behandelten Fälle) waren Dienstleistungen im Bereich Tourismus und Freizeit betroffen, an dritter Stelle mit 5% folgt der Bereich Autovermietung.

Die von Unternehmen angewandten Methoden zur Service- und Preisdifferenzierung sind zahlreich und je nach Branche unterschiedlich. Im elektronischen Handel werden häufig Beschränkungen des Zugangs zu Diensten auferlegt oder es kommt zur Umleitung der Verbraucher zu deren nationalen Webseite. Bei Online-Buchungen von Unterkünften oder Mietwägen gibt es oft auf das jeweilige Wohnsitzland der Verbraucher zugeschnittene Geschäftsbedingungen. Die häufigste Ursache für Reklamationen war die Verweigerung der Lieferung, gefolgt von unterschiedlicher Preisgestaltung und Unterschiede beim Zugang zu Leistungen, so zum Beispiel, die Erfordernis, ein Bankkonto in einem bestimmten Land zu besitzen.

In mehr als 32% der gemeldeten Fälle, also in 72 von 222 Fällen, hat das Netzwerk direkt für die Verbraucher interveniert; ein erfolgreiches Ergebnis wurde in fast 50% dieser Fälle erreicht; 8 Dienstleister änderten nach einer Intervention des EVZ ihr Geschäftsgebaren. Die von den Dienstleistern angegebenen Rechtfertigungen für eine unterschiedliche Behandlung ihrer Kunden waren hauptsächlich vertragliche Verpflichtungen, welche Unternehmen daran hinderten, Dienstleistungen in einem bestimmten Gebiet anzubieten, unterschiedliche Marktbedingungen, der Mangel an Rechten an geistigem Eigentum, Mehrkosten aufgrund der Entfernung oder technischen Merkmale eines Dienstes und Schwierigkeiten bei der Sicherstellung der Zahlung von Kunden mit Wohnsitz in anderen Mitgliedstaaten. Keiner dieser Händler hat jedoch Beweise für die Rechtfertigungen erbracht.

Von den 72 Fällen, bei welchen das Netzwerk interveniert hat, wurden 12 an die für die Überwachung der Einhaltung der Richtlinie zuständigen Durchsetzungsbehörden gemeldet, aber nur eine dieser Meldungen hatte eine Entscheidung einer Durchsetzungsbehörde zur Folge. Aus dem Bericht geht also auch die Notwendigkeit hervor, die Durchsetzung dieser Richtlinie zu überarbeiten und zu stärken.

„Es ist dringend notwendig, dass die Dienstleistungsrichtlinie konkret in der Praxis Anwendung findet“, sagt Monika Nardo vom EVZ Italien, „solange es Hindernisse bei der Durchsetzung gibt, gibt es die Richtlinie nur auf dem Papier und Verbraucher können nicht voll vom Binnenmarkt profitieren“, fährt die Juristin fort. Das Netzwerk unterstützt daher die von der Europäischen Kommission an den Tag gelegte Entschlossenheit, Verstöße gegen die Dienstleistungsrichtlinie nicht zu tolerieren, sowie die Absicht, mit den zuständigen Vollzugsbehörden und Unternehmen zusammen zu arbeiten.

Der Bericht kann unter diesem Link heruntergeladen werden.

Bozen, 29.11.2013
Presse-Information

 

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