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Bahngastrechte

Die EU-Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 sieht eine Reihe von Rechten für Fahrgäste im Eisenbahnverkehr vor.

Rechte bei Verspätungen

Besonders interessant für alle Bahnreisenden sind die von der Verordnung vorgesehenen Entschädigungen bei Zugverspätungen.

Muss nämlich vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Verzögerung bei der Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag mehr als 60 Minuten betragen wird, hat der Fahrgast die Wahl zwischen:

- der Erstattung des vollen Fahrpreises für den Teil der Fahrt, der nicht durchgeführt wurde, und für jenen Teil oder der Fahrt die bereits durchgeführt wurde, wenn die Fahrt nach den ursprünglichen Reiseplänen des Fahrgasts sinnlos geworden ist; in diesem letzten Fall hat der Fahrgast auch Anrecht auf eine Rückfahrt zur nächsten Gelegenheit.

- der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort bei nächster Gelegenheit; oder zu einem späteren Zeitpunkt nach Wahl des Fahrgastes.

Wenn der Fahrgast nicht die Erstattung wählt, hat er Anspruch auf eine Mindestentschädigung von:
- 25% des Preises der Fahrkarte bei einer Verspätung von 60 bis 119 Minuten;
- 50% des Preises der Fahrkarte ab einer Verspätung von 120 Minuten.

Die Eisenbahnunternehmen dürfen Mindestbeträge festlegen, unterhalb deren keine Entschädigungszahlungen vorgenommen werden. Dieser Mindestbetrag darf höchstens 4 Euro betragen.

Bei der Berechnung der Verzögerung nicht zu berücksichtigen sind jene Verspätungen, für die das Eisenbahnunternehmen nachweisen kann, dass sie außerhalb des Territoriums der EU eingetreten sind.

Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil (C-509/11 vom 26.09.2013) festgelegt, dass die Zahlung der Entschädigung auch dann zu erfolgen hat, wenn die Verspätung durch „höhere Gewalt" verursacht wurde. Ein Eisenbahnunternehmen darf also die Zahlung der Entschädigung auch dann nicht verweigern, wenn die Verspätung durch einen Schneesturm, einer Überschwemmung oder ein Erdbeben bedingt war.

Die Verordnung sieht auch für die Erbringung von Hilfeleistungen vor und zwar:
- Kostenlose Getränke oder Mahlzeiten bei Verspätungen von mindestens 60 Minuten;
- Sollte aufgrund der Verspätung eine Übernachtung notwendig werden, ist das Eisenbahnunternehmen verpflichtet, die Unterbringung in einer Unterkunft sowie die Beförderung zwischen Bahnhof und Unterkunft zu bieten.

Wenn die Fahrt nicht fortgesetzt werden kann, ist vom Eisenbahnunternehmen so rasch wie möglich ein alternativer Beförderungsdienst zu organisieren.

Der Passagier kann verlangen, dass das Unternehmen auf dem Ticket bescheinigt, dass der Zug verspätet war, dass dadurch ein Anschlusses verpasst wurde oder dass der Zug ausgefallen ist – dies ist im Hinblick auf eine späterer Reklamation von Bedeutung.

Personen mit Behinderung und mit eingeschränkter Mobilität

Die EU-Verordnung sieht für Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität vor, dass die Zugänglichkeit zu den Zügen sowie Hilfeleistungen gewährleistet werden müssen. Buchungen und Fahrkarten für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität dürfen keinen Aufpreis enthalten. Auf Anfrage müssen Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität über die Zugänglichkeit der Eisenbahnverkehrsdienste und die Bedingungen für den Zugang zu den Zügen informiert werden.

Eisenbahnunternehmen leisten Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität im Zug kostenlos Hilfe.

Bei Abfahrt, Umsteigen oder Ankunft einer Person mit einer Behinderung oder einer Person mit eingeschränkter Mobilität in einem mit Personal ausgestatteten Bahnhof, muss der Bahnhofsbetreiber für kostenlose Hilfeleistung beim Ein- und Aussteigen Sorge tragen. In einem Bahnhof ohne Personal müssen das Eisenbahnunternehmen und der Bahnhofsbetreiber sicher stellen, dass leicht zugängliche Informationen über die nächstgelegenen mit Personal ausgestatteten Bahnhöfe und über direkt verfügbare Hilfeleistungen für Personen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität angezeigt werden.

Die Hilfeleistung wird unter der Voraussetzung erbracht, dass der Hilfsbedarf dem Eisenbahnunternehmen, dem Bahnhofsbetreiber oder dem Fahrkartenverkäufer oder dem Reiseveranstalter, bei dem die Fahrkarte erworben wurde, spätestens 48 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem die Hilfeleistung benötigt wird, gemeldet wurde. Zudem muss sich die Person am festgelegten Ort zu dem vom Eisenbahnunternehmen oder Bahnhofsbetreiber festgelegtem Zeitpunkt einfinden. Wenn kein solcher Zeitpunkt festgelegt wurde, muss sich die hilfsbedürftige Person spätestens 30 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtzeit am festgelegten Ort sein.

Wurde kein Hilfsbedarf gemeldet, müssen sich das Eisenbahnunternehmen und der Bahnhofsbetreiber dennoch nach besten Kräften bemühen, die Hilfeleistung so zu erbringen, dass die Person mit einer Behinderung oder die Person mit eingeschränkter Mobilität ihre Reise durchführen kann.

Haftet das Eisenbahnunternehmen für den vollständigen oder teilweisen Verlust oder die Beschädigung von Mobilitätshilfen oder sonstigen speziellen Ausrüstungen, die von Personen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität verwendet werden, so gilt keine Haftungsobergrenze.

Gepäcksverlust, –beschädigung und -verspätung

Im Falle eines Gepäcksverlusts einer Gepäcksbeschädigung oder einer verspäteten Rückgabe des Gepäcks sind zwar Entschädigungen mit bestimmten Haftungsobergrenzen vorgesehen, aber nur wenn es sich um „aufgegebenes“ Gepäck handelt, also um Gepäck, das dem Eisenbahnunternehmen zur Verwahrung während des Transports übergebenes wurde.

Im Normalfall reisen Bahngäste jedoch mit Handgepäck. Dieses muss vom Reisenden selbst beaufsichtigt werden, denn das Eisenbahnunternehmen haftet nicht für etwaigen Verlust, Diebstahl oder Beschädigung.

Haftung bei Unfall

Wenn ein Reisender durch einen Unfall im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb verletzt oder gar getötet wird, haftet die Eisenbahngesellschaft, außer wenn der Unfall von außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegenden Umständen verursacht worden ist.

Reklamationen

Die Eisenbahngesellschaften müssen ein Verfahren zur Beschwerdebearbeitung einrichten.

Der Fahrgast kann seine Beschwerde bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen einreichen. Der Adressat der Beschwerde gibt innerhalb eines Monats eine mit Gründen versehene Antwort oder teilt — in begründeten Fällen — dem Fahrgast mit, wann innerhalb eines Zeitraums von höchstens drei Monaten ab dem Tag, an dem die Beschwerde vorgebracht wurde, mit einer Antwort zu rechnen ist.

Die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 sieht zudem vor, dass jeder Mitgliedsstaat eine oder mehrere für die Durchsetzung der Verordnung zuständige Stellen benennt, welche auch verwaltungsrechtliche Strafen verhängen können (die sogenannten NEBs – National Enforcement Bodies).

Sollte der Fahrgast seine Beschwerde nicht durch eine Reklamation lösen können, gibt es für ihn also die Möglichkeit, seinen Fall der Durchsetzungsbehörde zu melden. Die Liste der National Enforcement Bodies ist auf der Webseite der Europäischen Kommission veröffentlicht.


Musterbrief - Entschädigungen bei Zugverspätung
Die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 sieht Mindestentschädigungen von 25% des Fahrkartenpreises bei Verspätungen zwischen einer und zwei Stunden bzw. 50% ab einer Verspätung von zwei Stunden und mehr vor, sowie Hilfeleistungen, wie kostenlose Mahlzeiten und Erfrischungen, und bei einem Aufenthalt über Nacht auch die Unterbringung in einem Hotel und die Beförderung dorthin.
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